Kinder- und Jugendalter
Kognitive Entwicklung
Wissenstheorie: Die Entwicklung des Gedächtnis
Gedächtnisarten
Man unterscheidet zwei Arten des Gedächtnisses: das implizite Gedächtnis und das explizite (deklarative) Gedächtnis. Dem impliziten Gedächtnis ordnet man z.B. die Funktion des Wiedererkennens und motorische Fähigkeiten zu. Das deklarative Gedächtnis ist für "Fakten-Wissen" zuständig.
implizites Gedächtnisdeklaratives Gedächtnis
Gedächtnisleistung
Das Phänomen, dass die Gedächtnisleistung im Laufe von Kindheit und Jugend immer weiter zunimmt, erklärt man mit folgenden Gründen:
- Zunahme der Gedächtnisspanne: Die Gedächtnisspanne gibt an, an wie weit zurückliegende Ereignisse Erinnerung möglich ist. Diese nimmt im Laufe unseres Lebens zu.
- Zunahme von Strategienutzung: Strategien sind z.B. das Sortieren und Clustern von Informationen.
- Zunahme bereichsspezifischen Wissens: Der Zuwachs an bereichsspezifischem Wissen führt dazu, dass das Speichern und der Abruf von Gedächtnisinhalten erleichtert wird, da mehr Verknüpfungen zwischen diesen Inhalten möglich sind.
- Abnahme der Sensivität für Inferenzen: Inferenzen sind Störeinflüsse, die bei der Informationsaufnahme hinderlich sein können. Mit höherem Alter nimmt die Ablenkbarkeit ab und der Fokus der Aufmerksamkeit kann stabiler auf ein bestimmtes Objekt gerichtet werden.
- Zunahme des Meta-Gedächtnisses: Auch das Wissen über Gedächtnisprozesse verbessert die Gedächtnisleistung.
kindliche Amnesie
Im Normalfall kann man sich nicht an Ereignisse erinnern, die sich im 1.-3. Lebensjahr abgespielt haben (oft weiß man von besonderen Momenten nur aus Erzählungen). Dieses Phänomen bezeichnet man mit dem Begriff "kindliche Amnesie". Es gibt verschiedene Erklärungsmodelle, die Gründe für diese spezielle Form der Amnesie liefern wollen:
- Nach Freud sind die ersten Lebensjahre durch sexuelle Impulse geprägt, die gesellschaftlich als unmoralisch angesehen werden. Ein Junge begehrt zum Beispiel seine Mutter, was von seiner sozialen Umwelt aber als verwerflich angesehen wird. Deshalb kommt es zu einer Verdrängung der ersten Lebensjahre und es ist keine Erinnerung möglich. Dieses Modell ist empirisch nicht bestätigt worden.
- Es gibt auch die Theorie, dass sich die Art der Repräsentation von Ereignissen ändert und deshalb kein Gedächtnisabruf möglich ist. Nach diesem Modell findet in den ersten Lebensjahren die Speicherung von Erinnerungen in bildlicher Form (als Skripte) statt. Da später aber nach einem Abruf der Informationen in sprachlicher Form gefragt wird, ist ein Abruf der frühen Informationen nicht möglich.
- Eine dritte Theorie postuliert eine innere Repräsentation der Persönlichkeit, um biographische Erinnerungen zu bilden und abrufen zu können. Da diese innere Repräsentation aber erst ca. Ende des zweiten Lebensjahres vorhanden ist, ist auch erst ab diesem Zeitpunkt Erinnerung möglich und ein autobiographisches Gedächtnis vorhanden.
- Eine letzte Theorie geht davon aus, dass zum Abruf von Gedächtnisinhalten kontextuelle Unterstützung nötig ist. Da solche Gedächtnisstützen für frühe Erinnerungen in der Abrufsituation fehlen, kann es nicht zur Speicherung von Gedächtnisinhalten kommen.